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Samstag, 5. April 2025
Die Wissenschaft der Tierernährung
Grundlagen einer gesunden Fütterung
"Du bist, was du isst" – diese alte Weisheit gilt nicht nur für uns Menschen, sondern mindestens ebenso für unsere vierbeinigen Begleiter. Die Ernährung ist einer der entscheidendsten Faktoren für die Gesundheit und Lebensqualität von Hunden und Katzen. Sie beeinflusst Fellbeschaffenheit, Muskelaufbau, Organfunktionen, Immunsystem und sogar Verhalten. Doch die Flut an teils widersprüchlichen Informationen und die Vielfalt an Futtermitteln machen die Entscheidung für das richtige Fütterungskonzept nicht leicht.
Um die Grundlagen der Tierernährung zu verstehen, müssen wir zunächst die natürlichen Bedürfnisse unserer Haustiere betrachten. Katzen haben sich als Raubtiere entwickelt, die fast ausschließlich von tierischer Nahrung leben. Als obligate Karnivoren benötigen sie bestimmte Nährstoffe, die nur in tierischen Produkten vorkommen – etwa Taurin, Arachidonsäure und Vitamin A in seiner aktiven Form. Ein Mangel an diesen essenziellen Substanzen kann zu schwerwiegenden Gesundheitsproblemen führen, von Herzerkrankungen bis zu Erblindung.
Hunde hingegen haben sich im Laufe ihrer Domestikation zu Allesfressern (Omnivoren) entwickelt. Ihr Verdauungssystem kann sowohl tierische als auch pflanzliche Nahrung verwerten, obwohl der Schwerpunkt evolutionär betrachtet auf tierischen Proteinen liegt. Die Fähigkeit, Stärke zu verdauen – eine Anpassung, die Wölfen weitgehend fehlt – ermöglicht Hunden die Nutzung eines breiteren Nahrungsspektrums. Dennoch benötigen auch sie hochwertige tierische Proteine als Hauptbestandteil ihrer Ernährung.
Die Grundpfeiler einer ausgewogenen Tierernährung bilden Proteine, Fette, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe – allerdings in artspezifischen Verhältnissen. Proteine liefern essenzielle Aminosäuren, die für Muskelaufbau, Immunfunktion und zahlreiche Stoffwechselprozesse unentbehrlich sind. Fette dienen nicht nur als konzentrierte Energiequelle, sondern auch als Träger fettlöslicher Vitamine und liefern essenzielle Fettsäuren, die für Haut, Fell und Entzündungsregulation wichtig sind. Kohlenhydrate können bei Hunden als Energielieferanten dienen, während Katzen evolutionär auf eine kohlenhydratarme Ernährung programmiert sind.
Besonders bedeutsam in der Tierernährung ist das richtige Verhältnis von Kalzium zu Phosphor, das für gesunde Knochen und Zähne essentiell ist. Ein Ungleichgewicht dieser Mineralien kann zu Skelettdeformationen und Zahnproblemen führen – ein Risiko, das besonders bei selbstzubereiteten Rationen ohne fachkundige Ergänzung besteht. Weitere kritische Mikronährstoffe umfassen Zink, Magnesium, Selen und die Vitamine A, D, E und B-Komplex, deren Mangel oder Überdosierung gleichermaßen problematisch sein kann.
Die Qualität der Proteinquellen spielt eine entscheidende Rolle für die Verwertbarkeit der Nahrung. Hochwertige tierische Proteine aus Muskelfleisch haben eine höhere biologische Wertigkeit als pflanzliche Proteine oder minderwertige tierische Nebenprodukte. Die Verdaulichkeit des Futters beeinflusst nicht nur die Nährstoffaufnahme, sondern auch die Kotmenge und -konsistenz – ein praktischer Aspekt, den viele Tierhalter zu schätzen wissen.
Individuelle Ernährungskonzepte
Vom Welpen bis zum Senior optimal versorgt
Die optimale Ernährung ist keine Einheitslösung, sondern muss individuell angepasst werden. Welpen und Jungtiere haben einen erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf für Wachstum und Entwicklung. Besonders bei großen Hunderassen ist eine ausgewogene Kalzium-Phosphor-Versorgung und kontrollierte Energiezufuhr entscheidend, um Wachstumsstörungen zu vermeiden. Eine spezielle Welpennahrung sollte bis zum Abschluss des Wachstums gefüttert werden – bei kleinen Rassen etwa bis zum 10. Monat, bei großen Rassen bis zum 18. Monat.
Ausgewachsene, gesunde Tiere benötigen eine ausgewogene Erhaltungsnahrung, die ihren Energiebedarf deckt ohne zu Übergewicht zu führen. Dieser Bedarf variiert erheblich je nach Aktivitätslevel – ein Sporthund oder eine aktive Freigängerkatze verbraucht deutlich mehr Kalorien als ein gemütlicher Couch-Potato. Die Anpassung der Futtermenge ist daher ein dynamischer Prozess, der regelmäßige Gewichtskontrollen erfordert. Als Faustregel gilt: Sie sollten die Rippen Ihres Tieres bei sanftem Abtasten spüren können, ohne dass sie sichtbar hervorstehen.
Seniortiere haben wiederum spezifische Ernährungsbedürfnisse. Mit zunehmendem Alter sinkt oft der Energiebedarf, während der Proteinbedarf gleich bleibt oder sogar steigt, um dem altersbedingten Muskelabbau entgegenzuwirken. Spezielle Seniornahrung enthält zudem häufig Zusätze wie Glucosamin und Chondroitin für die Gelenkgesundheit sowie Antioxidantien zur Unterstützung des Immunsystems und zur Bekämpfung freier Radikale. Ein reduzierter Phosphorgehalt schont die Nieren, die im Alter anfälliger für Funktionsstörungen werden.
Bei der Wahl zwischen Trocken- und Nassfutter gilt es, die Vor- und Nachteile abzuwägen. Trockenfutter ist praktisch, lange haltbar und unterstützt die Zahngesundheit durch den mechanischen Reinigungseffekt beim Kauen. Nassfutter hingegen enthält mehr Feuchtigkeit, was besonders für Katzen wichtig ist, die von Natur aus wenig trinken. Die Kombination beider Futterarten vereint oft die jeweiligen Vorteile und bietet zudem Abwechslung im Napf. Wichtiger als die Form ist jedoch die Qualität der Inhaltsstoffe – ein hochwertiges Futter zeichnet sich durch transparente Deklaration, namhafte Proteinquellen an erster Stelle und den Verzicht auf künstliche Farb- und Konservierungsstoffe aus.
Für Tiere mit gesundheitlichen Problemen kann eine spezielle Diätnahrung notwendig sein. Bei Niereninsuffizienz hilft eine phosphor- und proteinreduzierte Ernährung, die Nierenfunktion zu schonen. Diabetische Tiere profitieren von kohlenhydratarmen Diäten mit komplexen Kohlenhydraten, die den Blutzuckerspiegel stabilisieren. Bei Futtermittelallergien oder -unverträglichkeiten kommen Eliminationsdiäten mit seltenen Proteinquellen oder hydrolysierte Proteine zum Einsatz. Diese therapeutischen Diäten sollten stets in Absprache mit uns verschrieben und regelmäßig überprüft werden.
Die Frage nach der besten Fütterungsmethode – kommerzielles Fertigfutter, Rohfütterung (BARF), selbst gekochte Rationen oder vegetarische/vegane Ernährung – wird kontrovers diskutiert. Jede Methode hat ihre Befürworter und Kritiker. Fertigfutter bietet Sicherheit durch ausgewogene Rezepturen und Qualitätskontrollen. BARF ermöglicht eine naturnahe Ernährung mit hoher Nährstoffdichte, erfordert jedoch fundiertes Wissen zur Vermeidung von Mangelzuständen oder Ungleichgewichten. Selbst gekochte Rationen können eine gute Alternative sein, wenn sie nach ernährungswissenschaftlichen Grundsätzen zusammengestellt werden. Vegetarische oder vegane Ernährung ist für Katzen als obligate Karnivoren grundsätzlich ungeeignet und auch bei Hunden nur mit erheblichem Aufwand und fachkundiger Supplementierung umsetzbar.
In unserer Praxis bieten wir individuelle Ernährungsberatungen an, die auf die spezifischen Bedürfnisse Ihres Tieres zugeschnitten sind. Von der Optimierung des kommerziellen Futters über die Beratung bei BARF bis hin zur Erstellung individueller Diätpläne bei Erkrankungen – wir unterstützen Sie dabei, die ideale Ernährung für Ihren vierbeinigen Freund zu finden und umzusetzen.