
Blog

Samstag, 22. März 2025
Verborgenes Leid
Wie Haustiere ihren Schmerz verstecken und was wir übersehen
Hätten Sie's gewusst? Unsere Haustiere sind wahre Meister im Verbergen von Schmerzen! Diese evolutionär verankerte Fähigkeit, die einst das Überleben in der Wildnis sicherte, erschwert uns heute die frühzeitige Erkennung ihrer Leiden. Besonders bei Katzen, diesen stoischen kleinen Jägern, bleiben Schmerzzustände oft monatelang unentdeckt. Doch auch der treue Hund an unserer Seite zeigt sein Unwohlsein häufig erst, wenn die Beschwerden bereits weit fortgeschritten sind.
Ein besonders tückisches Problem stellt die Arthrose dar – jene degenerative Gelenkerkrankung, von der fast neun von zehn älteren Katzen und etwa 80% der Seniorhunde betroffen sind. Während wir Menschen bei Gelenkschmerzen deutlich hinken oder uns über Beschwerden beklagen, passen unsere vierbeinigen Gefährten ihre Bewegungsmuster geschickt an. Eine Katze springt vielleicht nicht mehr auf die Fensterbank, sondern nimmt den Umweg über den Stuhl; der Hund steht morgens etwas langsamer auf oder vermeidet längere Spaziergänge. Diese subtilen Veränderungen werden allzu leicht als normales Altern fehlinterpretiert.
Neben Gelenkproblemen quälen viele Seniorhaustiere auch Zahnschmerzen, Rückenleiden oder Organerkrankungen, die mit chronischen Schmerzen einhergehen können. Erstaunlich: Oft äußern sich diese nicht in offensichtlichem Jammern, sondern in veränderten Verhaltensweisen. Der einst verspielte Vierbeiner wird plötzlich mürrisch, zieht sich zurück oder reagiert gereizt bei Berührungen. Manch ein Tierhalter berichtet verwundert, wie sein "grummeliger alter Hund" nach Beginn einer Schmerztherapie plötzlich wieder verspielt und lebensfroh wirkt – ein deutliches Zeichen dafür, dass nicht Charakterveränderung, sondern unerkannter Schmerz die Ursache des veränderten Verhaltens war.
Zum Glück gibt es mittlerweile zuverlässige Methoden, um Schmerzen bei Tieren zu erkennen. Schmerzskalen wie die Glasgow Composite Measure Pain Scale für Hunde oder die Feline Grimace Scale für Katzen helfen dabei, auch subtile Anzeichen richtig zu deuten. Auf was sollten Sie achten? Bei Katzen können verengte Pupillen, angelegte Ohren, ein angespannter Gesichtsausdruck oder vermindertes Putzverhalten auf Schmerzen hindeuten. Hunde zeigen häufig veränderte Körperhaltungen, eingeschränkte Beweglichkeit, übermäßiges Hecheln oder Lecken bestimmter Körperstellen.
Von grundlegender Bedeutung ist das Verständnis, dass Schmerz nicht einfach ein hinzunehmendes Altersschicksal ist. Vielmehr handelt es sich um ein medizinisches Problem, das behandelt werden kann und muss! Unbehandelter chronischer Schmerz setzt eine Abwärtsspirale in Gang: Das Tier bewegt sich weniger, die Muskulatur schwindet, Gelenke versteifen – was wiederum zu mehr Schmerzen führt. Zusätzlich beeinträchtigt dauerhafter Schmerz das Immunsystem und kann zu Stresserkrankungen führen. Die gute Nachricht: Die moderne Tiermedizin bietet vielfältige Möglichkeiten, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.
Multimodale Schmerztherapie
Der Schlüssel zu mehr Lebensfreude im Tierseniorenalter
"Ein Medikament und fertig" – dieser vereinfachte Ansatz gehört in der modernen Schmerztherapie der Vergangenheit an. Stattdessen hat sich das Konzept der multimodalen Schmerzbehandlung durchgesetzt, bei dem verschiedene Therapieansätze klug kombiniert werden. Durch das Zusammenspiel unterschiedlicher Wirkmechanismen lassen sich nicht nur bessere Ergebnisse erzielen, sondern auch Nebenwirkungen minimieren, da die einzelnen Komponenten niedriger dosiert werden können.
Im Zentrum der medikamentösen Schmerztherapie stehen häufig nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAIDs), die speziell für Hunde und Katzen entwickelt wurden. Anders als ältere Präparate bieten moderne Tierarzneimittel ein deutlich verbessertes Sicherheitsprofil und eignen sich für die Langzeitanwendung. Ergänzend kommen bei stärkeren Schmerzen manchmal Opioide zum Einsatz. Besonders bei neuropathischen Schmerzen bewähren sich zudem Gabapentin oder Pregabalin. In unserer Praxis erstellen wir für jeden tierischen Patienten einen individuellen Medikationsplan, der regelmäßig überprüft und angepasst wird.
Doch Tabletten allein machen noch keine optimale Schmerztherapie! Die tierphysiotherapeutische Behandlung hat sich als äußerst wertvolle Ergänzung etabliert. Durch gezielte Massagen, passive Bewegungsübungen und kontrollierte Aktivitäten werden Muskeln gestärkt, Gelenke mobilisiert und Verspannungen gelöst. Was zunächst skeptisch beäugt wird, genießen viele Tiere schon nach wenigen Sitzungen sichtlich. Bemerkenswert: Selbst bei Katzen, die gemeinhin als therapieresistent gelten, lassen sich mit sanftem, geduldigem Vorgehen erstaunliche Erfolge erzielen.
Aus der fernöstlichen Medizin hat die Akupunktur ihren Weg in die moderne Schmerztherapie gefunden – mit beeindruckenden Ergebnissen! Durch das Setzen feiner Nadeln an spezifischen Punkten werden körpereigene Schmerzhemmsysteme aktiviert und Entzündungsprozesse moduliert. Die meisten Tiere tolerieren die Behandlung hervorragend, viele entspannen sich dabei sogar tief. Ergänzend kommen manchmal Laserakupunktur oder Elektroakupunktur zum Einsatz, besonders bei Patienten, die auf Nadeln empfindlich reagieren.
Nicht zu unterschätzen ist der Einfluss der Ernährung auf chronische Schmerzzustände. Omega-3-Fettsäuren wirken nachweislich entzündungshemmend und können die Wirkung klassischer Schmerzmittel verstärken. Grünlippmuschel-Extrakt und Curcumin zeigen in Studien ebenfalls positive Effekte bei Gelenkerkrankungen. Bei übergewichtigen Tieren – und davon gibt es leider viele im Seniorenalter – bringt schon eine moderate Gewichtsreduktion erhebliche Entlastung für schmerzende Gelenke. In unserer ernährungsmedizinischen Beratung entwickeln wir gemeinsam mit Ihnen einen maßgeschneiderten Ernährungsplan für Ihren vierbeinigen Senior.
Zuhause können Sie durch einfache Anpassungen viel zur Schmerzlinderung beitragen. Orthopädische Betten entlasten druckempfindliche Stellen und halten gleichzeitig warm – wichtig, da Kälte Schmerzen verstärken kann. Rutschfeste Unterlagen verhindern schmerzhaftes Ausgleiten auf glatten Böden. Für Katzen mit Arthrose sind flache Einstiege in die Katzentoilette und leicht erreichbare Ruheplätze hilfreich. Beim gemeinsamen Spiel sollten die Aktivitäten an die veränderten Fähigkeiten angepasst werden – kurze, sanfte Bewegungseinheiten fördern die Mobilität, ohne zu überfordern.