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Donnerstag, 6. März 2025
Grauer Star beim Hund
Wenn die Welt langsam verblasst
Der Graue Star beim Hund (Katarakt) gehört zu den häufigsten und zugleich folgenreichsten Augenerkrankungen unserer vierbeinigen Begleiter. Diese fortschreitende Trübung der Augenlinse beginnt oft unauffällig, kann jedoch unbehandelt zur vollständigen Erblindung führen. Als spezialisierte Tierärzte mit fundierter ophthalmologischer Expertise sehen wir in unserer Praxis wöchentlich Patienten mit verschiedenen Stadien dieser Erkrankung.
Im Kern handelt es sich beim Katarakt des Hundeauges um eine Eintrübung der normalerweise klaren Augenlinse. Diese Trübung entsteht durch Veränderungen in der Proteinstruktur der Linse, wodurch das Licht nicht mehr ungehindert zum Augenhintergrund durchdringen kann. Der betroffene Hund nimmt seine Umgebung zunächst wie durch einen immer dichter werdenden Nebel wahr, bis schließlich keine visuellen Informationen mehr verarbeitet werden können.
Die Ursachen für einen Grauen Star bei Hunden sind vielfältig. Die häufigste Form ist der altersbedingte Katarakt, der vorwiegend Hunde ab dem 8. Lebensjahr betrifft. Daneben gibt es erblich bedingte Formen, die bereits bei jungen Hunden auftreten können und besonders häufig bei Rassen wie Pudel, Cocker Spaniel, Golden Retriever, Boston Terrier und Siberian Husky vorkommen. Eine weitere bedeutende Ursache ist Diabetes mellitus – eine Stoffwechselerkrankung, die bei Hunden fast immer zu Linsentrübungen führt. Seltener können auch Verletzungen, Entzündungen oder Vergiftungen einen Katarakt auslösen.
Die Symptome eines beginnenden Katarakts werden von Tierhaltern oft zunächst übersehen, da Hunde Sehdefizite geschickt kompensieren können. Erste Anzeichen können unsicheres Verhalten in unbekannter Umgebung, häufigeres Anstoßen an Hindernisse oder Schwierigkeiten beim Fangen von Spielzeug sein. Optisch fällt eine weißlich-gräuliche Verfärbung der normalerweise schwarzen Pupille auf, die mit fortschreitender Erkrankung immer deutlicher wird. Im Gegensatz zur harmlosen Nukleosklerose (Altersweitsichtigkeit), bei der ein bläulich-grauer Schimmer sichtbar wird, die Sehfähigkeit aber weitgehend erhalten bleibt, führt der Katarakt unbehandelt zur Erblindung.
Die frühzeitige Diagnose eines Hundekatarakts ist entscheidend für den Behandlungserfolg. In unserer Praxis setzen wir modernste diagnostische Verfahren ein, darunter die Spaltlampenuntersuchung, die eine detaillierte Beurteilung der Linsenstruktur ermöglicht. Zusätzlich kann eine Elektroretinographie (ERG) durchgeführt werden, um die Funktionsfähigkeit der Netzhaut zu überprüfen – ein wichtiger Faktor für die Entscheidung, ob eine Operation sinnvoll ist. Denn nur bei intakter Netzhaut kann nach einer Kataraktoperation die Sehkraft wiederhergestellt werden.
Moderne Therapien für klare Sicht
Behandlungsmöglichkeiten bei Grauem Star
Die Behandlung des Grauen Stars beim Hund hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht. Der Goldstandard ist heute die chirurgische Entfernung der getrübten Linse mittels Phakoemulsifikation – ein Verfahren, das aus der Humanmedizin adaptiert wurde und mit minimalen Schnitten arbeitet. Bei dieser Operation des Hundekatarakts wird die trübe Linse durch Ultraschall zerkleinert und abgesaugt. In den meisten Fällen wird eine künstliche Intraokularlinse eingesetzt, die dem Hund wieder ein nahezu normales Sehvermögen ermöglicht.
Die Erfolgsaussichten der Kataraktoperation beim Hund sind beeindruckend: Bei sorgfältiger Patientenauswahl und Durchführung durch einen erfahrenen Veterinärophthalmologen liegen die Erfolgsraten bei über 90%. Wichtige Voraussetzungen sind eine gesunde Netzhaut, ein kontrollierter Augeninnendruck und das Fehlen schwerwiegender anderer Augenerkrankungen. Auch der allgemeine Gesundheitszustand des Hundes spielt für die Narkosefähigkeit eine entscheidende Rolle.
Der operative Eingriff selbst dauert etwa 45-60 Minuten pro Auge und wird unter Vollnarkose durchgeführt. Die Nachsorge nach einer Kataraktoperation ist intensiv und erfordert die konsequente Mitarbeit des Tierhalters: Regelmäßige Augentropfen zur Entzündungshemmung und Infektionsprophylaxe müssen über mehrere Wochen verabreicht werden. Zudem ist das Tragen eines Halskragens unerlässlich, um Kratzen am operierten Auge zu verhindern. In den ersten Wochen nach der OP sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, um den Heilungsverlauf zu überwachen und mögliche Komplikationen frühzeitig zu erkennen.
Nicht immer ist eine Operation die beste Option. Bei sehr alten oder anderweitig erkrankten Hunden, bei denen eine Narkose ein erhöhtes Risiko darstellt, oder bei Tieren mit zusätzlichen schwerwiegenden Augenerkrankungen kann von einer Operation abgeraten werden. Hier konzentriert sich die konservative Therapie des Hundekatarakts auf die Erhaltung der verbliebenen Sehkraft und die Vorbeugung von Folgeerkrankungen wie Linseninduzierter Uveitis (LIU) – einer schmerzhaften Entzündung, die durch austretende Linsenproteine verursacht werden kann.
Für Hunde, die bereits erblindet sind oder bei denen eine Operation nicht in Frage kommt, gibt es zahlreiche Hilfen für blinde Hunde. Die meisten Hunde passen sich erstaunlich gut an den Sehverlust an, besonders wenn dieser schleichend eintritt. Ihre hervorragenden anderen Sinne – insbesondere Geruch und Gehör – kompensieren viel. Als Halter können Sie Ihren blinden Hund unterstützen, indem Sie die Wohnumgebung sicher gestalten (keine Umstellung von Möbeln, Absicherung von Treppen), akustische und olfaktorische Orientierungshilfen anbieten und beim Spaziergang verbale Hinweise auf Hindernisse geben. Spezielle Geschirre mit Bügeln, die vor Hindernissen schützen, können ebenfalls hilfreich sein.
Die Prävention von Katarakterkrankungen beginnt bei der Zucht: Hunde mit genetisch bedingtem Katarakt sollten von der Zucht ausgeschlossen werden. Bei anfälligen Rassen sind regelmäßige augenärztliche Untersuchungen ab dem mittleren Alter empfehlenswert. Bei Diabetikern kann eine gute Einstellung des Blutzuckers das Fortschreiten der Linsentrübung verlangsamen. Zudem gibt es Hinweise, dass eine antioxidantienreiche Ernährung und spezielle Nahrungsergänzungsmittel die Entwicklung altersbedingter Linsentrübungen verzögern können, wobei die wissenschaftliche Evidenz hierfür noch begrenzt ist.